Zîlan Festival... Wer ist Zîlan?
Zeynep Kinaci, Künstlername Zîlan, wurde 1972 im Dorf Elmali bei Malatya/Bakur/Nordkurdistan geboren. Die Grund-und Mittelschule besuchte sie in Malatya. Die Beruffachschule für Gesundheit absolvierte sie in Haydarpasa.
Sie studierte Psychologie an der Inönü- Universität in Malatya und arbeitete als Radiologieassistentin im staatlichen Krankenhaus. Im Jahre 1994 beteiligte sich Zîlan aktiv aks Freiheitskämpferin in der kurdischen Befreiungsbewegung.
Am 30. Juni 1996 sprengte sich Zîlan während einer Militärparade im Stadtzentrum von Dersim in die Luft, um der Vernichtigungspolitik der türkischen Regierung an dem kurdischen Volk ein Ende zu bereiten.
Die Zeilen und Sätze, die diese Kämpferin hinterließ, brachten ihre Bescheidenheit zum Ausdruck…
„Ich möchte der Ausdruck des Freiheitskampfes meines Vokes sein. Gegen die Politik des Imperialismus, die Frau zu versklaven, möchte ich die Bombe an meinem Leib zünden und gleichzeitig meine ganze Wut zeigen und das Symbol des Widerstandes der kurdischen Frau sein. Mein Lebenswille ist sehr stark. Mein Wunsch ist ein erfülltes Leben durch große Aktion. Ein Volk, dessen nationale Werte, dessen Seele, Bewußtsein und Identität dem Feind ausgeliefert ist, zum Widerstand aufzurichten, erfordert eine große Verantwortung, geschichtliches Bewußtsein, sowie Kühnheit und einen festen Entschluß.“
Seit 2004 führt das kurdische Frauenbüro für Frieden CENI e.V. im Gedenken an Zîlan jährlich ein Frauenfestival im Ruhrgebiet durch, das ihren Namen trägt:
Der Frauenwiderstand steht für Selbstbestimmung und Freiheit!
Zîlan Frauen Festival 2016
Frauen sind überall auf der Welt sexistischer Belästigung und patriarchaler Gewalt ausgesetzt. Diese Angriffe sind keine Einzelschicksale, sondern ein systematischer Angriff gegen Frauen, der den bestehenden HERRschaftsverhältnissen innewohnt. Diese permanente Bedrohung, die Angst abends alleine auf die Straße zu gehen, der alltägliche Sexismus, die Fremdbestimmung über die Lebenswege von Frauen - diese vielfältigen Formen patriarchaler Gewalt begreifen wir als systematische Vergewaltigungskultur. Gleichzeitig werden die Arbeit und Mühen von Frauen als wertlos betrachtet und als überflüssig erklärt. Sich gegen die Ausbeutung von Frauen und gegen jegliche Form von Ausbeutung menschlicher Arbeit zu stellen, ist deshalb für uns ein menschliches Prinzip. Die kapitalistische Lebens- und Arbeitsweise bedingt eine enorme Vereinzelung der Menschen; Frauen entwickeln somit oftmals kein Bewusstsein über die Systematik der Gewalt, der sie ausgesetzt sind. Dieses Bewusstsein unter Frauen wollen wir vorantreiben, eine Solidarität untereinander entwickeln um diesen Angriffen gemeinsam entgegenzutreten. Wir wollen gemeinsam mit Frauen in allen Teilen der Welt für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit kämpfen.
Auf der ganzen Welt sind grenzenlose Gewalt, Ausbeutung der Arbeitskraft und der Körper von Frauen, Mord, Übergriffe und Vergewaltigung Methoden des Feminizids. Das patriarchale Herrschaftssystem bedroht die gesamte Menschheit mit Kriegen, durch Naturzerstörung herbeigeführten Katastrophen und Armut.
In verschiedenen Regionen der Welt finden vom kapitalistisch-imperialistischen System hervorgerufene Kriege statt. Besonders betroffen von diesem noch nicht benannten dritten Weltkrieg sind der Mittlere Osten und Frauen. Der IS symbolisiert das patriarchale Herrschaftssystem in Reinform. Niemals war so deutlich wie heute, dass die Rettung der Menschheit vom Kampf der Frauen abhängt. Die größte Unterstützung findet der IS bei der türkischen Regierungspartei AKP, die ebenfalls daran arbeitet, Frauen ins Mittelalter zurückzuversetzen. Sie betrachtet die Frauen und den Widerstand der Völker Kurdistans als größtes Hindernis, das es mit blutigen Massakern zu beseitigen gilt.
Vor allem in Kobane und Şengal, in Rojava und ganz Kurdistan ist offensichtlich geworden, dass Frauen mit ihrem Kampf die Werte der Menschheit verteidigen. In Rojava und Nordkurdistan wird Schritt für Schritt ein auf Freiheit und Selbstverwaltung basierendes System aufgebaut, das eine Alternative zum zerstörerischen Kapitalismus darstellt. In diesem System übernehmen Frauen die Führungsrolle. Frauen müssen weltweit gemeinsam kämpfen gegen Versklavung, Erniedrigung und Ausbeutung, gegen Gewalt, Misshandlung und Vergewaltigung, gegen den Ausschluss aus dem öffentlichen Leben. Die Welt muss aus Frauensicht neu interpretiert, die Menschheitsgeschichte neu geschrieben werden. Wir brauchen eine feministische Wissenschaft, die wir Jineologie nennen.
Dabei stützen wir uns auf das Erbe von Frauen wie Clara Zetkin und Rosa Luxemburg. In der jüngeren Vergangenheit sind es kurdische Frauen wie Zilan, Beritan, Sara, Arin, Seve und unzählige weitere, die im Kampf ihr Leben verloren haben und uns den Weg weisen.
Sie geben uns die Hoffnung, dass eine andere Welt möglich ist!
Es lebe der Frauenkampf!
Chronologie 2003-2015:
11 Jahre Zîlan Frauen Festival
„Frauen überwinden Grenzen und kommen zusammen“
1. Zîlan Frauen Festival, 2004 in Dortmund
Mehr als 5000 Frauen kamen zum 1. Zîlan. Die Veranstaltung bot für alle Teilnehmerinnen ein reiches Kultur- und Kunstprogramm an: Es gab eine Ausstellung von Frauentrachten aus verschiedenen Ländern; eine Podiumsdiskussion zum Thema „Gewalt gegen Frauen“, Bilder- und Skulpturausstellungen, eine Photoausstellung, Theateraufführungen, Lesungen und vieles mehr.
Am Abend wurde die Veranstaltung mit einem Bühnenkonzert von Künstlerinnen aus der Türkei, Afrika, Lateinamerika und Deutschland beendet. Es ist gelungen, Frauen aus verschiedenen Kulturen, trotz aller Grenzen zusammenzubringen.
„Frauen wollen Frieden und Gerechtigkeit – für eine ökologisch- demokratische Welt“
2. Zîlan Frauen Festival 2005 in Gelsenkirchen
Das 2. Zîlan Frauen Festival wurde in Zusammenarbeit mit regionalen Fraueninitiativen und Netzwerken Europa vorbereitet. Es wurde den internationalistischen Frauenrechtlerinnen Uta Schneiderbanger und Ekin Ceren Dogruak gewidmet, die zur Zeit der Festivalvorbereitungen bei einem Autounfall im Irak ihr Leben ließen.
Mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „ Frauen- Ökologie und Frieden“ begann des Programm. Musikerinnen aus Kurdistan, der Türkei, dem Irak und Deutschland nahmen an den Kulturprogramm teil, sowie Aufführungen griechischer und kurdischer Frauentanz- und Theatergruppen.
„Gegen Krieg und Unterdrückung trommeln Frauen für den Frieden“
3. Zîlan Frauen Festival 2006 in Gelsenkirchen
Ziel des Festivals war es, Friedenbotschaften aus allen vier Teilen Kurdistans, aus Europa und anderen Teilen der Welt zu vereinen. Jede Frau und Frauenorganisation war dazu aufgefordert, die eigenen Friedensforderungen auf ein Stück Stoff zu schreiben und zum Festival mitzubringen.
Zu dem bunten Festivalprogramm gehörten Veranstaltungen zu dem Themen „Frauenmorde stoppen!“ und „Frauen und Frieden“. Es referierten Vertreterinnen des Kurdischen Frauenbüros Cenî, von der Friedensmütterinitiative, der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit sowie von baskischen Frauenorganisationen und der Demokratischen Freien Frauenbewegung aus der Türkei.
„Stoppt Frauenmorde - Keine Morde im Namen der Ehre!“
4. Zîlan Frauen Festival 2008 in Gelsenkirchen
Tausende Frauen kamen zum 4. Zîlan Frauen Festival zusammen. Das Musikprogramm wurde von den Gruppen Koma Girava Rojê vom Mesopotamischen Kulturzentrum aus Batman und dem Frauen-Trio Aheng gestaltet. Es trat eine Frauentanzgruppe aus Basel auf.
Neben kulturellen und Redebeiträgen auf der Hauptbühne gab es ein reichhaltiges Programm in Zelten und auf einer Nebenbühne sowie Ausstellungen und zahlreiche Informationsstände.
„Wir sind niemandes Ehre - unsere Ehre ist unsere Freiheit“
5. Zîlan Frauen Festival 2009 in Gelsenkirchen
Am 6. Juni 2009 kamen - trotz des Regens - tausende Frauen aus verschiedenen Ländern Europas zum 5. Zîlan Frauen Festival in Gelsenkirchen zusammen.
Bei dem Festival traten die Musikerinnen Rojda, Petra Gesti, Mizgin Tahir, Lale Kocgiri, armenische und kurdische Frauentanzgruppe auf. Auch diesmal bereicherten viele Frauenorganisationen mit ihren Ständen und Ausstellungen eine Podiumsdiskussion zum Thema „Keine Morde im Namen der Ehre“ mit Vertreterinnen von verschiedenen Frauenorganisationen wie von der Europäischen Feministischen Initiative das Festival.
„Unser Freiheitskampf wird die Vergewaltigungskultur überwinden!“
6. Zîlan Frauen Festival 2010 in Lemgo
Bei der Podiumsdiskussion, bei der auch die BDP Abgeordnete im türkischen Parlament Pervin Buldan sprach, tauschten über 300 Frauen aus Kurdistan und Deutschland ihre unterschiedlichen Erfahrungen und Meinungen zur Entwicklung des Frauenkampfes gegen die Vergewaltigungskultur zusammen. In Foto, Bilder- und Handarbeitsausstellungen präsentierten Frauen ihre künstlerischen Fähigkeiten. Eine spanische Flamencogruppe und eine junge kurdische Tanzgruppe erfreuten die Zuschauerinnen.
Das sechste Zîlan-Frauenfestival wurde zwei kurdischen Frauen, Evrim Alatas und Sirin Elemhûyî gewidmet, stellvertretend für alle Frauen, die gegen patriarchale Ordnung und die Vergewaltigungskultur Widerstand leisten. Evrim Alatas wurde in Malatya in Nordkurdistan geboren und erlag kurz vor dem Festival einer Krebserkrankung. Sie war viele Jahre als Journalistin und Buchautorin tätig gewesen. Sirin Elemhûyî war eine 28-jährige kurdische Politikerin und Widerstandskämpferin, die von der islamischen Republik Iran am 09. Mai 2010 nach schwerer Folter und Vergewaltigung hingerichtet wurde.
„Gemeinsam durchbrechen wir die Vergewaltigungskultur - Kampf dem Feminizid“
7. Zîlan Frauen Festival 2011 in Dortmund
Auf dem 7. Zîlan Frauen Festival wurde der Widerstand gegen die systematische und vielschichtige Gewalt thematisiert, die Frauen das Recht auf Leben und Selbstbestimmung abspricht und die wir als Feminizid bezeichnen.
Im ersten Teil des Festivalprogramms gab es eine Lesung, bei der die Schriftstellerin Hasret Birsel und die Vertreterinnen des Rechtshilfefonds AZADI, Monika Morris, Gedichte und Kurzgeschichten aus dem Leben und über den Widerstand von Frauen vortrugen. Bei der anschließenden Diskussionsveranstaltung zum Thema „Stoppt den Feminizid“ wurde die Forderung aufgestellt, Feminizid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen.
Im zweiten Teil des Festivals erfreute sich das Publikum an Konzerten, einer Musik- und Tanz- über das Thema Zwangsheirat im Kinderalter und eine Modeschau mit authentischen und modernen kurdischen Kleidern.
„Freiheit für Abdullah Öcalan - Schluss mit dem Genozid“
8. Zîlan Frauen Festival 2012 in Gelsenkirchen
Bei diesem Festival standen die Angriffe auf das soziale, kulturelle und politische Leben von Frauen in Kurdistan im Fokus des Festivals sowie der Widerstand und die Alternativen, die Frauen in diesen Bereichen entwickelt haben. Die Botschaft lautete: Wir sagen “NEIN“ zum politischen, sozialen und kulturellen Feminizid und Genozid.
Ein weiteres Motto war die Forderung nach der Anerkennung des politischen Willens des kurdischen Volkes und der kurdischen Frauen: „Freiheit für Abdullah Öcalan!“.
„Wir sind alle Sara: Grenzenlos, Entschlossen und Frei“
9. Zîlan Frauen Festival 2013 in Dortmund
Das Festival wurde den drei kurdischen Frauenaktivistinnen Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Şaylemez gewidmet, die am 9. Januar 2013 in Paris mit äußerster Brutalität ermordert wurden. Zugleich hat das kurdische Frauenbüro für Frieden Cenî an allen Frauen erinnert, die weltweit für ein Leben in Freiheit und Würde gekämpft haben. Mehr wie 5000 Tausend Frauen aus den europäischen Ländern nahmen an das Festival teil und forderten die sofortige und lückenlose Aufklärung der Morde. Sakine Cansiz war eine führende Persönlichkeit der kurdischen Frauenbewegung und Mitbegründerin der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Mit dem Slogan „Wir sind alle Sara: Grenzenlos, Entschlossen und Frei“ haben kurdischen Frauen ihren Kampf für Menschlichkeit und Freiheit gewürdigt, den sie 40 Jahre lang beharrlich geführt hat.
Viele Frauenorganisationen waren mit ihren Ständen und Ausstellungen präsent, es gab eine Podiumsdiskussion zum Thema „Rolle von Frauen in Friedensprozessen“ mit Vertreterinnen von verschiedenen Frauenorganisationen.
„Mit freien Frauen zu einer freien Gesellschaft“
10. Zîlan Frauen Festival in Dortmund
Das Festival wurde besonders den kurdischen Frauen, die in Rojava für Gerechtigkeit und Demokratie aller Völker im Kampf ihr Leben verloren haben, gewidmet. Trotz der Umweltkatastrophe die einige Tage zuvor in der Region stattfand und dem damit verbundenen Ausfall des öffentlichen Nahverkehrs, nahmen rund 3000 Frauen, auch aus den Nachbarländern Deutschlands an dem Festival teil.
Bei dem Festival traten die Musikerinnen Rojda, Nuarin, Pinar Yildiz und kurdische Volkssängerinnen auf. Die Frauenmusikgruppe Koma Dengê Xwezayê, bestehend aus 15 Musikerinnen spielte Lieder über die Natur, die Revolution und die Sehnsüchte von Frauen in Kurdistan in den kurdischen Dialekten Kurmancî, Zazakî und Soranî.
Die Podiumsdiskussion wurde zum Thema „Die Rolle von Frauen im Aufbau einer demokratischen Gesellschaft“ geführt.
„ Von Kobanê bis Shengal- Es lebe der Frauenwiderstand!“
11. Zîlan Frauen Festival 2015 in Dortmund
Das 11. Zîlan Frauen Festival fand unter dem Motto „ Von Kobanê bis Shengal- Es lebe der Frauenwiderstand“ in Dortmund statt. In einem Jahrhundert übergreifenden Frauenbefreiungskampf wurden große Erfolge erreicht, womit demokratische und freiheitliche Werte für die gesamte Menschheit geschaffen worden sind. Trotz schlechtem Wetter versammelten sich an diesem Tag 4000 Frauen zusammen um den Frauenwiderstand von Kobanê bis Shengal zu begrüßen. Nachdem die Vorstandsmitglieder von Cenî die Eröffnungsrede hielten, traten kurdische Künstlerinnen auf.